• Was sind die neuen Medienprivilegien für Journalisten im Datenschutzgesetz?
• Was bietet die neue Rechtsberatung für ÖJC-Mitglieder?
• Ab 1. September wird der Experte für Medien-, Urheber- und Persönlichkeitsrecht, RA DDr. Meinhard Ciresa, unsere ÖJC-Mitglieder beraten. Bei beruflichen Fragen zu diesen Rechtsbereichen.
ÖJC: Herr Rechtsanwalt, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen, um sich unseren Mitgliedern vorzustellen und uns einige wertvolle Einblicke in die aktuellen Entwicklungen im Bereich des Datenschutzes zu geben. Können Sie uns kurz erklären, was das neue Medienprivileg im Datenschutzgesetz ab dem 1. Juli 2024 beinhaltet?
Meinhard Ciresa: Sehr gerne. Das neue Medienprivileg im Datenschutzgesetz, konkret in § 9 Abs. 1 DSG [neu], regelt die Datenverarbeitung durch Medienunternehmen wie Zeitungen, Zeitschriften, Rundfunk- und Onlinemedien sowie Mediendienste wie Nachrichtenagenturen zu journalistischen Zwecken. Diese Regelung umfasst nicht nur die Unternehmen selbst, sondern auch deren Organe, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie alle Personen, die auf vertraglicher Basis an der inhaltlichen Gestaltung der Publikationen mitwirken. Daher fallen auch Journalistinnen und Journalisten unter dieses neue Medienprivileg, sofern sie eben auf vertraglicher Basis für das Medium journalistisch tätig sind.
ÖJC: Welche Arten von personenbezogenen Daten dürfen durch Medienunternehmen und die genannten „Privilegierten“ verarbeitet werden?
Ciresa: Die neue Regelung schafft eine breite Grundlage für die Verarbeitung personenbezogener Daten. Privilegierte dürfen alle Arten von Daten verarbeiten, einschließlich besonders geschützter Daten, wie Gesundheitsdaten nach Art. 9 DSGVO, und strafrechtlich relevanter Daten nach Art. 10 DSGVO, sofern dies zu journalistischen Zwecken geschieht.
ÖJC: Wie wirken sich diese Änderungen auf die Rechte der betroffenen Personen aus?
Ciresa: Die Rechte der Betroffenen sind gegenüber den Privilegierten deutlich eingeschränkt. Die Informationspflichten gemäß Art. 13 und 14 DSGVO entfallen. In der Phase der journalistischen Recherche vor der Veröffentlichung eines Medienberichts besteht kein Auskunftsrecht nach Art. 15 DSGVO. Nach der Veröffentlichung gibt es kein Recht auf Kopie und kein Auskunftsrecht, soweit Informationen dem Redaktionsgeheimnis nach dem MedienG unterliegen, was insbesondere den Quellenschutz betrifft. Zudem kann ein Privilegierter für die Erteilung einer Auskunft eine Gebühr von 9 Euro verlangen, um Massenanfragen zu vermeiden.
ÖJC: Wie sieht es mit den Rechten auf Berichtigung, Löschung und Einschränkung der Verarbeitung aus?
Ciresa: Auch diese Rechte sind im Rahmen des neuen Medienprivilegs eingeschränkt. Während journalistischer Recherchen, nach der Veröffentlichung in einem Medium und wenn eine konkurrierende Anspruchsgrundlage wegen Verletzung der Persönlichkeitsrechte besteht, finden die Rechte auf Berichtigung (Art. 16 DSGVO), Löschung (Art. 17 DSGVO) und Einschränkung der Verarbeitung (Art. 18 DSGVO) keine Anwendung. In anderen Fällen kann der Verantwortliche die Ausübung des Berichtigungs- und Einschränkungsrechts verweigern, wenn dies zum Schutz der Meinungsäußerungs- und Informationsfreiheit erforderlich und verhältnismäßig ist. Eine Löschung von Medienpublikationen ist generell ausgeschlossen.
ÖJC: Gelten diese neuen Regelungen auch für private Blogger, Hobbyjournalisten oder Kommentatoren in sozialen Medien?
Rechtsanwalt: Für Nicht-Medienunternehmen, wie private Blogger oder Bürgerjournalisten, gelten deutlich geringere Privilegien. Sie dürfen nur bestimmte besonders geschützte Daten verarbeiten, zum Beispiel Daten über politische Meinungen oder religiöse Überzeugungen, aber keine Gesundheitsdaten. Sie sind weiterhin verpflichtet, unentgeltlich Auskunft gemäß Art. 15 DSGVO zu erteilen, und die Verweigerung der Erfüllung der Rechte gemäß Art. 15 bis 18 DSGVO ist nur eingeschränkt möglich. Die Datenschutzbehörde kann zudem Bescheide zur Auskunftserteilung erlassen.
ÖJC: Können Sie uns noch etwas über Ihre rechtliche Betreuung des ÖJC und seiner Mitglieder verraten?
Rechtsanwalt: Sehr gerne. Ab September unterstütze ich den ÖJC in rechtlichen Angelegenheiten. Darüber hinaus bietet der ÖJC seinen Mitgliedern eine kostenfreie „erste anwaltliche Auskunft“ an, die sich auf meine Fachgebiete im Urheberrecht, Medienrecht, Persönlichkeitsrecht sowie geistigen Eigentum bezieht.
ÖJC: Wie läuft das konkret ab?
Rechtsanwalt: Mitglieder des ÖJC können ihre rechtlichen Fragen, die im Zusammenhang mit ihrer Berufsausübung stehen, per E-Mail an das ÖJC-Generalsekretariat richten. Die ÖJC-Mitarbeiterinnen leiten mir diese Anfragen zur Beantwortung weiter. Ich erstelle dann eine rechtliche Einschätzung, die an das Sekretariat zurückgesandt wird. Von dort aus wird die Antwort an das Mitglied weitergeleitet. Diese „erste anwaltliche Auskunft“ ist unverbindlich und kostenlos, um den Mitgliedern einen schnellen und unkomplizierten rechtlichen Rat zu ermöglichen.