ÖJC-Mitglied gegen ORF

ÖJC-Mitglied gegen ORF

Die langjährige ORF-Wirtschaftsredakteurin und ÖJC-Mitglied Dr. Sonja Sagmeister wurde von ihrem Arbeitgeber gekündigt – sie wehrt sich nun gegen die ihrer Meinung nach „ungerechte Vorgehensweise“ und spricht von „Verletzung der Pressefreiheit“. Der ÖJC tritt gegen jede Verletzung der Pressefreiheit auf und ist bemüht, diese Angelegenheit auch im Sinne seines Mitgliedes aufzuklären. Der ORF war aber bisher zu keiner Stellungnahme bereit.

Die Sachlage, die uns von der int. Pressetext-Agentur Dr. Wilfried Seywald, Temmel, Seywald & Partner übermittelt wurde, lautet: „Die international anerkannte Wirtschaftsjournalistin Sonja Sagmeister wurde von der ORF-Ressortleiterin unter Druck gesetzt. Sie sollte einen inhaltlich vom Wirtschaftsministerium vorgegebenen Themenblock ‚Arbeitsmarkt/Budget‘ in der ‚Zeit im Bild‘ (ZIB) für den amtierenden Wirtschaftsminister Martin Kocher auf Sendung bringen. Dieses ‚bestellte‘ Interview war Anlass für die ORF-Redakteurin, sich zu wehren. Ein Interview auf Wunschthemen zu beschränken, komme für sie nicht in Frage, sagt die Wirtschaftsredakteurin: ‚Zeit im Bild Journalisten sind KEINE Mikrofonständer.‘ Im konkreten TV-Interview mit Wirtschaftsminister Martin Kocher stellte sie dann auch kritische Fragen zur damals aktuellen, österreichischen Rekordinflation und deren Einfluss auf die Gehälter der Österreicherinnen und Österreicher.

Zurück im Newsroom bekam sie eine telefonische Intervention und Anweisung der ORF-Ressortleiterin zu Sendeinhalt und Sendeplatz, und zwar ‚wie ausgemacht in der Zeit im Bild am Sonntag‘. Da sich die Redakteurin nicht an die Abmachungen zwischen Wirtschaftsministerium und ORF-Wirtschaftsressort halten wollte, drohte die Vorgesetzte später noch telefonisch, weil die Redakteurin angeblich ‚rote Linien überschritten‘ habe.

Die Folge waren ab diesem Zeitpunkt arbeitsrechtliche Schikanen, Zwangsurlaub und über Monate hinweg Nachrufe auf noch lebende Personen aus Archivmaterial zu bearbeiten (Nekrothek-Beauftragte), während ihre Recherche-Vorschläge zu tagesaktuellen Wirtschaftsthemen am laufenden Band abgelehnt werden. Als sie sich wegen der Versetzung ins ‚Todesarchiv‘ beklagt, wird sie vom Personalchef des ORF gekündigt und für ein Jahr freigestellt. Das Kündigungsschreiben erfolgte ohne Angabe von Gründen und trägt die persönliche Unterschrift von Generaldirektor Roland Weißmann.

Der Österreichische Journalisten Club ist stets bemüht, objektiv zu berichten und hat sowohl bei der damals Vorgesetzten von Sonja Sagmeister als auch beim Personalchef des ORF, Werner Dujmovits, um eine Stellungnahme zu diesem Fall gebeten. Bedauerlicherweise wurden die entsprechenden Mails bislang nicht beantwortet.

Auf „X“ (vormals „Twitter“), schreibt Armin Wolf zu diesem Fall: „Wäre es tatsächlich so wie hier beschrieben, würden Redaktionsrat, Betriebsrat und viele Kolleg.innen – auch ich – seit Monaten auf den Barrikaden stehen. Wie Sie in unzähligen Stellungnahmen des Redaktionsrates sehen können, reagiert er extrem sensibel auf polit. Interventionen.“

Sagmeister sieht sich als Opfer politischer Einflussnahme im ORF und verweist auf das ORF-Redakteursstatut, das die Unabhängigkeit des Journalismus im Österreichischen Rundfunk klar und deutlich schützt. Der ÖJC schließt sich dieser Auffassung voll inhaltlich an und wartet weiter auf eine Stellungnahme des ORF. Der Fall wird Anfang Oktober vor Gericht verhandelt.

Pressestimmen dazu:

https://www.journalistin.at/singlenews/uid-965293/sonja-sagmeister-geht-im-oktober-vor-gericht/

https://www.heute.at/s/wunsch-interview-im-orf-reporterin-zieht-vor-gericht-120060119