Das will Ungarn während des am 1. Juli 2024 begonnen, turnusmäßigen EU-Ratsvorsitzes. Nur einen Tag danach, am 2.6.2024, hat der ÖJC seinen Mitgliedern die Möglichkeit geboten, beim Jour Fixe mit Dr. Balázs Molnár, stv. ungarischer Staastssekretär für Europapolitik, vertiefende Fragen zu Ungarns Europaolitik zu stellen. Denn bis Ende des Jahres hat das Land nun den Vorsitz der Ministerräte inne – und kann diese maßgeblich beeinflussen.
Budapest hat seine Ratspräsidentschaft unter das Motto „Make Europe Great Again“ gestellt – eine Anlehnung an den Slogan „Make America Great Again“ des früheren US-Präsidenten Donald Trump, dessen erklärter Anhänger Ministerpräsident Viktor Orban ist. Groß machen will man die wirtschaftlichen Möglichkeiten. „Wir wurden und werden immer mehr vom internationalen Wettbewerb abgehängt“, sagt Molnár im ÖJC. „Wir sind in der EU überreguliert, das wollen wir ändern.“
Und das soll Richtung mehr Effizienz, weniger Bürokratie und deutlich wirtschaftsorientierter geschehen. Ob das nicht auf Kosten des Klimadeals gehe, wollte ÖJC-Präsident Christian Stöger wissen. „Nein, keineswegs“, so der stv. Staatssekretär. „Wir müssen in Europa nicht der Musterschüler sein und uns damit selbst ins Out stellen. Es gilt, im internationalen Kontext mitzuspielen, und zwar in allen Bereichen.“
Bei der Frage der internationalen Unterstützung der Ukraine mit Waffen machte Molnár klar, „dass wir keine Patrone und keine Panzer geliefert haben, und das auch nicht tun werden.“ Man unterstütze die Ukraine allerdings finanziell und versuche auch, mit dem russischen Präsidenten die Gesprächskanäle offen zu halten. „Es wäre wichtig, einen Waffenstillstand zu erreichen, um dann Friedensverhandlungen zu beginnen.“ Durchaus überraschend dabei allerdings die Aussage, dass Ungarn sehr wohl für die uneingeschränkte territoriale Souveränität der Ukraine eintritt und den Angriff Russlands auf das Schärfste verurteilt.
Das durchaus problematische Verhältnis der EU zu Ungarn und vice versa sieht Balázs Molnár nicht so kritisch. „Wir haben bisher immer alle Anforderungen der EU erfüllt, auch was die Rechtsstaatlichkeit betrifft.“ Und wie das mit der unabhängigen Medienlandschaft in Ungarn aussehe? „Wir haben eine diverse Medienlandschaft mit durchaus kritischen Teilnehmern. Die publizieren allerdings auf Ungarisch – und vielleicht ist man bei der EU des Ungarischen nicht so mächtig.“
Text: Christian Stöger
Fotos: John Herzog