Ein Plädoyer für das Dürfen: Vor genau 30 Jahren hat die UNO den 3. Mai zum „Welttag der Pressefreiheit“ ausgerufen. Eine Freiheit, die aber heute immer mehr eingeschränkt wird.
„Eine freie Presse ist das Blut für den Organismus der Demokratie“, sagt UNO-Generalsekretär Antonio Guterres heute. „Sie ist der Garant für freie Meinungsäußerung und für die Wahrung der Menschenrechte. Stirbt die Pressefreiheit, stirbt die Freiheit.“
Damit wir uns immer wieder erinnern, wie wichtig die Meinungs- und Pressefreiheit ist, wird jedes Jahr am 3. Mai der Welttag dieser Freiheit gefeiert. Aber was genau feiern wir denn da?
Vielleicht feiern wir das Grundrecht dieser Pressefreiheit, das ja auch in unserer Bundesverfassung verankert ist. Dieses Recht stellt einen wichtigen Bestandteil jeder Demokratie dar. Das Zugeständnis des Gesetzgebers, dass Journalisten und Medieninhaber, ihrer journalistischen Arbeit unabhängig von der Art der Verbreitung und Medienart nachgehen und dass sie ihre Meinung (ohne eine Gesetzgebung zu verletzen) kundtun dürfen, ist heutzutage eine echte Gratwanderung geworden. Die Abgrenzungen verfangen sich mittlerweile im Sog der Fakenews, der Verleumdungen, des Missbrauches von Journalismus, der Bestechlichkeit, des politischen Machtgedankens, des Menschseins in seinen dunkelsten Ausprägungen.
Was als Qualitätsjournalismus bezeichnet wird, hängt immer davon ab, welche Sichtweise damit verbunden wird. Selbst in den lange als unantastbar wirkenden Bereichen von Wissenschaft, Wirtschaft, Kultur und Sport werden die Gräben tiefer und tiefer.
Vielleicht feiern wir die Kunst des Gratwanderns. Welchem Journalisten gelingt es, oben zu bleiben? Welcher stürzt ab in die mediale Versenkung oder wer steigt ganz aus? Wer muss aussteigen?
Vielleicht nehmen wir uns zu viel von dieser Freiheit. Ist es möglich, dass wir vergessen haben, was uns Menschen an Vielfalt ausmacht? Wir wissen sehr viel und scheitern doch oft schon an den Grundrechten. Mir hat ein Politiker in unserem Parlament gesagt: „Demokratie ist eigentlich eine brutale Staatsform!“
Wie beschreibe ich diese Aussage als Journalist? Wie schaut meine Meinung dazu aus, wie bewerte ich diese Aussage? Richtig, mit meinem Empfinden. Ich selbst verwende gerne folgendes Bild, das auf einer Religionskonferenz entstanden ist:
Fünf Vertreter der Weltreligionen sitzen vor einem großen Topf, der voll mit Wasser gefüllt ist. Alle haben ein gemeinsames Ziel: eine Suppe zu kochen, die schmeckt. Ein Religionsrepräsentant gibt Gemüse hinein, ein weiterer verfeinert mit Gewürzen, wieder ein anderer gibt Zutaten aus seinem Land dazu, Fleisch, Knochen und so weiter. Der Grundstoff Wasser ist immer gleichbleibend (wenn auch mit Qualitätsunterschieden), die Zutaten variieren jedoch. Das Ziel ist ein gemeinsames: die Suppe. Und dennoch wird sie nicht jeder essen. Jeder beschreibt dann diese Suppe mit seinen Worten, seinen Meinungen und erklärt, warum er sie isst oder eben nicht. Das darf sein.
In der Demokratiewerkstatt des Österreichischen Parlaments wird Schülern und Kindern gezeigt, wie Rechte uns alle verbinden. Ein wichtiger Programmpunkt ist hier auch der Schutz der Pressefreiheit. Demokratie und Politik sind sehr eng mit Medien und Medienmachern verknüpft. Für ein umfassendes Bild ist es dann umso wichtiger, sich zu einem Thema über mehrere Quellen zu informieren. Die Gratwanderung besteht also darin, dass jeder selbst die Verantwortung dafür trägt, welche Medien er als Informationsquellen nützt, wie er sie für sich interpretiert und dann weiter verarbeitet.
Niemand muss z. B. meine „journalistische Suppe“ essen. Er darf sie essen. Und jeder darf auch anerkennen, dass ich mit meiner wertschätzenden Einstellung gegenüber der weiblichen Form der Einfachheit doch in der männlichen schreibe. Nicht weil ich muss. Es ist die Freiheit, die ich mir nehmen darf. Also lautet mein Vorschlag zum Tag der Pressefreiheit: Wir feiern das DÜRFEN!
Und wir feiern die Vielfalt, das Recht, die Wahrheit zu sagen/zu schreiben. Auch wenn manche, die sich dieses Recht herausnehmen, in etlichen Staaten verfolgt, getötet oder eingesperrt werden. Wie etwa Julian Assange, der Gründer der Aufdecker-Plattform „WikiLeaks“, der bereits den 4. Welttag der Pressefreiheit in Haft zubringt. Nur weil er die Wahrheit aufgedeckt hat.
„Doch Pressefreiheit ist nicht nur wichtig für die Journalisten und Journalistinnen, sondern auch für die Demokratie und für die objektive Information der Menschen. Daher ist es sehr wichtig, dass Medienmitarbeiter frei und unabhängig arbeiten können, ohne Druck und ohne politischen Einfluss.“ Das sagt Dr. Josef Siegele, Vizepräsident der UNO-Journalistenorganisation UNCAV am 3.Mai in der Wiener UNO-City.
„Der 3. Mai ist daher auch ein guter Tag, die politisch Verantwortlichen daran zu erinnern, alles zu unternehmen, um die Presse- und Meinungsfreiheit in allen Ländern der Welt zu gewährleisten. “ Österreich hat sich international zwar von Platz 31 auf 29 verbessert, aber auch hier gibt es noch viel Luft nach oben!
Mag. Christian Stöger & John Herzog