Journalistisches „Watergate“ in Nordirland?

Journalistisches „Watergate“ in Nordirland?

Mehrere Journalisten und Anwälte sollen in Nordirland von der Polizei abgehört worden sein. Das geht aus einem neuen Untersuchungsbericht hervor. Die National Union of Journalists, die britisch-nordirische Journalistengewerkschaft, sieht die Sicherheit von Journalisten und die freie Pressearbeit in Nordirland zunehmend bedroht.

Die in Belfast erscheinende Tageszeitung Irish News (IN) berichtet, dass über einen Zeitraum von drei Monaten mehr als 4.000 Telefongespräche und Messangernachrichten zwischen zwölf Journalisten sowie deren Standorte von der Polizei aufgezeichnet wurden.

Dies sei jedoch nur ein kleiner Teil der großangelegten Überwachung von Journalisten: „Immer mehr Details der riesigen Polizei-Schnüffeloperation, die sich auf die Gespräche zwischen Journalisten konzentrierte, kommen ans Licht“, schreibt Irish News.

Die Polizei beteuert, „die Überwachung von Journalisten sei in dem Bemühen durchgeführt worden, Missstände in den eigenen Reihen auszumerzen“. In diesem sogenannten McCullough-Bericht steht, dass die Polizei in Nordirland von 2011 bis 2024 insgesamt 823 Anträge auf Übermittlung von Kommunikationsdaten von Journalisten und Anwälte gestellt hat. Dazu gehören auch die beiden Investigativjournalisten Barry McCaffrey und Trevor Birney. Durchgeführt wurde das Abhören von den Kollegen in England.

Die National Union of Journalists (NUJ) ist zutiefst besorgt über das Ausmaß und den Umfang der aufgedeckten Überwachung und spricht von einem „journalistischen Watergate“. Der Bericht werfe grundlegende Fragen darüber auf, wie die Polizei Journalisten betrachtet und wie die offizielle Sichtweise auf die Rolle und Funktion von Journalisten in einer demokratischen Gesellschaft sei, so die NUJ. Eine Sorge, die auch der ÖJC ob dieser Entwicklung teilt.

Text: Dieter Reinisch