„Den ‚Status Quo‘ in Taiwan beibehalten…“

„Den ‚Status Quo‘ in Taiwan beibehalten…“

.. sagt Katharine Chang, seit September 2020 Leiterin des Taipei Wirtschafts- und Kulturbüros in Österreich im Rang einer Botschafterin beim politischen Jour Fixe am 6.2.2024 in der ÖJC-Presselounge. Zahlreiche ÖJC-Mitglieder und Gäste waren gekommen, um niederschwellig über die politische Lage in Taiwan mit Fokus auf das Wahlergebnis vom 13. Jänner zu diskutieren.


Neuer Präsident wurde William Lai von der Demokratischen Fortschrittspartei DPP, seit 2020 Vizepräsident unter Tsai Ing-wen, der früheren Präsidenten Taiwans, die nach zwei Amtsperioden nicht mehr kandidieren durfte. Mit 40 Prozent der Stimmen gewählt, will er den Kurs seiner Vorgängerin fortsetzen und den sogenannten ‚Status Quo‘ gegenüber China beibehalten.

„Das bedeutet, dass wir uns nicht aktiv für die Unabhängigkeit einsetzen, sondern einen Mittelweg wie er seit der Staatsgründung 1949 eingeschlagen wurde, weiter gehen“, so Katharine Chang. „Etwa 10% der Menschen in Taiwan sind für die Erklärung der völligen Unabhängigkeit, etwa 6% sind für die Eingliederung in China, aber 80% sind für diesen ‚Status Quo‘. Politische und wirtschaftliche Unabhängigkeit, ohne diese explizit zu betonen.“  

Taiwan, den demokratischen Inselstaat im Südpazifik, sieht China allerdings als abtrünnige Provinz, die ins Mutterland eingegliedert werden wird. „Wir denken aber nicht, dass China das militärisch offensiv betreiben wird“, so Chang. „Man wird zwar immer wieder die Muskeln spielen lassen, aber der Preis wäre sehr hoch.“ Denn immerhin sind die USA die militärische Schutzmacht Taiwans, „aber auch Japan, die Philippinen und Südkorea würden im Falle eines militärischen Konfliktes hineingezogen werden.“

Aber auch die wichtige Schiffsroute durch die Straße von Taiwan wäre dann wohl in Mitleidenschaft gezogen. Und das würde nicht nur die Anrainerstaaten, sondern auch China selbst treffen. Und damit auch direkt den Westen, also Europa und die USA. Was das Erliegen wichtiger Lieferketten aus Asien bedeutet, davon hatte der Westen während der Corona-Pandemie einen kleinen Vorgeschmack. Denn in Taiwan ist mit TSMC der größte Halbleiterhersteller der Welt beheimatet. Im Jahr 2023 betrug der Umsatz umgerechnet 64 Milliarden Euro.

„Aus militärischen, aber auch aus wirtschaftlichen Überlegungen wäre ein bewaffneter Konflikt um Taiwan für niemanden ein Gewinn,“ so Katherine Chang weiter. In Taiwan lbet man dennoch mit der steten Gefahr durch China und hat den Wehrdienst nun von bisher vier auf 12 Monate ausgeweitet. „Es gibt ein spezielles Trainingsprogramm für Reservisten, aber auch Schutzübungen für die Zivilbevölkerung. Wir hoffen allerdings, dass wir das nie brauchen werden.“

Text: Christian Stöger
Fotos: Paulina Jarzmik, John Herzog


Taiwan-Botschafterin beim Talk im ÖJCChristian Stöger und Katharine ChangKatharine ChangTaiwan-Talk im ÖJC